V.l.n.r.: Prof. Dr. Albert Brühl (Sozialpsychologisches Institut Köln), Christian Manitz (Abteilung Soziales / Referat Pflege, Gut leben im Alter, Ministerium für Soziales, Arbeit, Transformation und Digitalisierung, Mainz), Sebastian Rutten (Geschäftsführer der PflegeGesellschaft Rheinland-Pfalz in Mainz), Alexander Schuhler (Vorsitzender der Caritas-Arbeitsgemeinschaft Altenhilfe Rheinland-Pfalz/Saarland), Domkapitular Benedikt Welter (Vorsitzender Caritasverband für die Diözese Trier e.V.), Sonja Koch (AOK Rheinland-Pfalz/Saarland, Eisenberg), Dirk Wieser (AOK Rheinland-Pfalz/Saarland, Eisenberg), Marion Hilden-Ahanda (Abteilung Soziales / Referat Pflege, Gut le-ben im Alter, Ministerium für Soziales, Arbeit, Transformation und Digitalisierung, Mainz), Dr. Michael Schröder (Geschäftsführer der Caritas-Arbeitsgemeinschaft Altenhilfe Rheinland-Pfalz/Saarland), Boris Strehle (Leitung Aufgabenfeld Altenhilfe, Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn), Jörg Warnke (Einrichtungsleitung, Marienhaus Seniorenzentrum St. Josef in Bad Breisig)Foto: DiCV Trier
"Wir stehen heute vor einer Aufgabe, die viele von uns nicht nur als berufliche Herausforderung, sondern als zutiefst menschliche Verantwortung empfinden. Gemeinsam mit der Politik und den Sozialleistungsträgern tragen wir die Verantwortung dafür, dass die älteren Menschen in unserer Gesellschaft gut versorgt werden und wir ihnen einen würdevollen Lebensabend ermöglichen - und dies in Zeiten, die von doppelter demografischer Herausforderung mit immer mehr pflege-bedürftigen Menschen und immer weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter geprägt sind. Schon jetzt fehlt Personal in solchem Ausmaß, dass Pflegeplätze nicht mehr belegt werden können", so Alexander Schuhler, Vorsitzender der Caritas-Arbeitsgemeinschaft Altenhilfe zum Auftakt der Mitgliederversammlung.
Zwischen Herausforderung, Chance und gesamtgesellschaftlicher Aufgabe
Die katholischen Träger und Einrichtungen sehen sich hierdurch besonders herausgefordert. Zugleich sieht Schuhler darin aber auch eine Chance zur Weiterentwicklung und Innovation in der Altenhilfe. Doch um diese Chancen wahrnehmen zu können, müssten alle Akteure und Verantwortlichen in der Pflege gemeinsam Verantwortung übernehmen und mutig ihren Beitrag zur Lösung beisteuern. Weiter mahnt er, dass die pflegerische Versorgung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei und bliebe.
Alternativen zum Personalbemessungssystem notwendig
Die Einrichtungen selbst müssten dabei eine Transformation leisten, die bei abnehmenden personellen Ressourcen Pflegequalität und Personaleinsatz in ihrer Interdependenz im Blick hätten, betont Prof. Albert Brühl vom Sozialpsychologischen Institut Köln und sieht ein Kernproblem darin, dass das gesetzliche Personalbemessungssystem auf nicht geeigneten Grundlagen basiere und kritisch zu hinterfragen sei. Von Seiten der Caritas-Arbeitsgemeinschaft werde befürwortet, auch alternative Wege auf der Landesebene zu eröffnen.
Grenzen zwischen stationärer und ambulanter Pflege in Zeiten des Fachkräftemangels zum Wohle der anvertrauten Menschen auflösen
Ein zentraler Ansatzpunkt, um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen, stelle aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft auch die sukzessive Auflösung der Sektoren¬grenzen von stationärer und ambulanter Pflege in Kombination mit quartiersbezogenen und sozialräumlichen Konzepten dar. Hierbei sei das Instrument des Gesamtversorgungsvertrages tatsächlich zu nutzen, um die notwendigen flexiblen Strukturen zu schaffen. Immer mit dem Ziel die sozialen, räumlichen und individuellen Bedürfnisse der hilfe- und pflegebedürftigen Menschen eines Sozialraumes in den Vordergrund zu stellen und ein lokales Netzwerk der Versorgung zu etablieren und Pflegekräfte entsprechend dem vorhandenen Bedarf flexibel einzusetzen zu können. Dies fördere nicht nur die Lebens- und Pflegequalität der Seniorinnen und Senioren, sondern trage auch dazu bei, vorhandene Personalressourcen optimal zu nutzen.
Die aktuellen Überlegungen in Rheinland-Pfalz hierzu stellten Marion Hilden-Ahanda und Christian Manitz vom Ministerium für Soziales, Arbeit, Transformation und Digitalisierung Rheinland-Pfalz vor. Sie wurden durch ein erstelltes Konzept "Zukunft. Versorgung! Für Bürger*innen in Bad Breisig" von Jörg Warnke, Einrichtungsleiter des Marienhaus Seniorenzentrums St. Josef unter Verdeutlichung des großen Potentials für alle Beteiligten konkretisiert.
Springerpool gegen Personalnot und Leiharbeit
Die Personalknappheit und die sehr hohen krankheitsbedingten Ausfallzeiten (je nach Erhebung der Krankenkasse zwischen 30 und 35 Tagen im Jahr) stellten aktuell das größte Problem für die Einrichtungen dar. Die damit erforderliche Inanspruchnahme von Leiharbeit verursachten erhebliche, nicht refinanzierte Kosten und verringerten tendenziell die Pflegequalität.
Bei der Mitgliederversammlung der Caritas-Arbeitsgemeinschaft stand die Forderung neue Wege in gemeinsa-mer Verantwortung zu wagen, um die großen Herausforderungen in der Altenhilfe zu meistern.Foto: DiCV Trier
Dieses Problem könne verringert werden, wenn es gelinge ein funktionierendes Ausfallkonzept und einen Springerpool innerhalb des Trägers zu etablieren. Wie dies erfolgreich gelingen kann, aber auch wie schwierig dies sei und welche Grenzen es gebe, veranschaulichte Boris Strehle von der Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn. Sein Fazit: "Es ist sehr mühsam und bedarf der Refinanzierung, aber es lohnt sich."
Herausforderungen können nur gemeinsam gemeistert werden
Die Mitgliederversammlung endete mit einem Ausblick auf die aktuellen Handlungsbedarfe und die laufenden Verhandlungen zu wichtigen Themen in den beiden Bundesländern, der von Sebastian Rutten, Geschäftsführer der PflegeGesellschaft Rheinland-Pfalz und Dr. Jürgen Stenger, Geschäftsführer der saarländischen Pflegegesellschaft gegeben wurde: Wie wird auf die schwierige wirtschaftliche Situation vieler Einrichtungen reagiert, welche Ansätze gibt es, um personelle Anforderungen des Personalbemessungsystems erfüllen zu können, wie entwickeln sich die Ausbildungszahlen und wie kann das notwendige Angebot an Kurzzeitpflege für die Träger attraktiver und dadurch erhöht werden.
Als Ergebnis der Mitgliederversammlung fasste Alexander Schuhler zusammen: "Wir können die aktuellen Herausforderungen nur gemeinsam meistern, indem wir den Dialog mit der Politik und Sozialleistungsträgern suchen und immer wieder erneuern, denn nur so lassen sich die Rahmenbedingungen in der Altenhilfe nachhaltig verbessern. Gleichzeitig müssen wir als Träger innovativ und mutig sein, damit die Altenhilfe zukunftsfähig gestaltet werden kann. Unsere Aufgabe ist es, im Sinne unserer christlichen Werte für die Menschen da zu sein, die auf unsere Hilfe angewiesen sind - und das mit Würde, Respekt und Empathie."
"Diese Tagung zeigt, mit wieviel fachlicher Professionalität und Engagement für die zu pflegenden Menschen Caritas unterwegs ist; inklusive der Einsicht, dass für eine gute Zukunft Änderungen am System nötig sind!", betonte Domkapitular Benedikt Welter, Vorsitzender des Cari-tasverbandes für die Diözese Trier.
Kurzinformation zur Caritas-Arbeitsgemeinschaft Altenhilfe
Die Caritas-Arbeitsgemeinschaft Altenhilfe ist ein seit 2006 bestehender Zusammenschluss der katholischen Träger mit ihren Altenhilfeeinrichtungen und Pflegeschulen in den Bundesländern Rheinland-Pfalz und Saarland, die den Diözesan-Caritasverbänden Trier, Speyer, Mainz, Lim-burg, und Köln als Spitzenverband angeschlossen sind.
Ziel der Arbeitsgemeinschaft ist es die katholischen Träger und Einrichtungen der Altenhilfe in ihren gemeinsamen Aufgaben und Belangen zu beraten, zu fördern und auf Landesebene zu vertreten sowie an deren Weiterentwicklung entsprechend den wissenschaftlichen Erkenntnissen mitzuwirken.
Der Caritas-Arbeitsgemeinschaft Altenhilfe gehören 140 stationäre und teilstationäre Einrichtungen mit mehr als 12.000 Plätzen und 6 Pflegeschulen an.