"Gehen Sie immer davon aus, dass es sexualisierte Gewalterfahrung in der Vergangenheit eines Menschen oder dessen Umgebung geben könnte, die nicht erinnert wird oder über die nicht gesprochen werden kann oder will", gab Diplompsychologin Ruth Petri vom Frauennotruf Trier den Teilnehmenden mit auf den Weg und berichtete von ihren Erfahrungen aus der Beratungsstelle mit jährlich etwa 100 Fällen. Mögliche Scham- und Schuldgefühle bei den Opfern müssten stets mitbedacht werden. In Ihrer Arbeit zeigt sie den betroffenen Frauen explizit auf, dass diese nicht Schuld haben, an dem was passiert ist, sondern dass sie Opfer geworden sind, weil sie eine Frau sind. In der Ursachenforschung betont sie, ist die Triebtheorie längst überholt und wird sexualisierte Gewalt viel mehr als Ausdruck von Macht und Kontrolle gesehen. Darum spielt sie auch gehäuft in Trennungssituationen eine Rolle. Traumatisierungen bzw. Retraumatisierung kann die Folge sein, abhängig davon wie sexualisierte Gewalt erlebt wird. Sucht, beziehungs- oder körperliche Probleme, Ängste, Depressionen und vieles weitere können in der Folge ausgelöst werden. Sie betont, dass die Folgen und der Umgang mit dem Ereignis stark individuell sind und gibt den Ombudspersonen mit auf dem Weg, dass es immer darum geht zu erfahren, was die jeweils betroffene Frau in dem Moment benötigt.
Für die richtige Sprache und Gesprächsführung schärfte die Psychologin Anne Tönnissen, Referentin Fachstelle Prävention gegen sexualisierte Gewalt des Bistums Trier, den Teilnehmenden den Blick. Sie sensibilisierte für mögliche Stolpersteine, die ein Gespräch behindern könnten und erörtere Lösungsansätze für eine gute Gesprächsführung. Neben einer guten Vor- und Nachbereitung, betonte Tönnissen, wie wichtig es sei, zunächst einmal zuzuhören und die eigene Interpretation hintenan zu stellen, um wertfrei zu klären, worum es der Person geht. Ganz konkret gab sie den Teilnehmenden für die Gesprächsführung bei sogenannten Verdachtsfällen die WWSZ-Strategie (Warten-Wiederholen-Spiegeln-Zusammenfassen) an die Hand, um das Gespräch gut zu strukturieren.
Auch wenn die Arbeit mit betroffenen Personen eine zentrale Aufgabe der Ombudspersonen in den Einrichtungen ist, fängt ihr Auftrag mit Prävention und Verdachtsfällen bereits viel früher an. Psychologin Freya Schimpf von der Behandlungsinitiative Opferschutz (BIOS-BW) e.V., einem Verein, der sich der Behandlung von Tätern zur Verhinderung künftiger Straftaten widmet, machte deutlich, dass die Frage nach dem warum jemand zum Täter wird, nicht leicht zu beantworten sei und man sich dessen immer nur mittels Modellen annähern könne. Dennoch sensibilisierte sie die Teilnehmenden für gewisse Vorgehensweisen und setzte einen ihrer Schwerpunkte auf das sogenannte Grooming, welcher bei sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen gehäuft genutzt wird. Dabei werden die Grenzen von Ekel und Charme sukzessive verschoben. Bei Anzeichen wie unangebrachter Nacktheit, Ausziehen, sexueller Sprache oder etwa Häufigkeit und Intensität der Aufmerksamkeit lohne es sich häufig, einmal genauer hinzusehen. "Uns ist es wichtig, mit der Fachtagung und dem Austausch der Ombudspersonen zu einer guten Prävention in unseren Krankenhäusern beitragen zu können", betont Thomas Jungen, Organisator der Tagung und Referent für katholische Krankenhäuser im Diözesan-Caritasverband Trier.
Hintergrundinformationen Ombudspersonen im Bistum Trier
Gemäß der Empfehlung zur Prävention gegen sexualisierte Gewalt und andere Formen von Gewalt in den Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens des Diözesan-Caritasverbandes werden in allen katholischen Krankenhäusern im Bistum Trier eine oder mehrere Vertrauenspersonen oder Ombudspersonen zur Prävention gegen sexualisierte Gewalt benannt. Hierbei handelt es sich um integre außerhalb der Einrichtungsleitung stehende Personen, die ohne Schwierigkeiten und niedrigschwellig in der Einrichtung erreichbar sind. Die Vertrauenspersonen oder Ombudspersonen werden in jeder Einrichtung zusätzlich zu den externen unabhängigen Ansprechpersonen auf Trägerebene benannt.