Junge Menschen fühlen sich "hängen gelassen"
Anika Wegner, Schuldnerberaterin im Caritasverband Trier), Joachim Schäferbarthold (Referent Schuldnerberatung im DiCV Trier und ehrenamtlicher Schuldnerberater), Dunja Schuh und Maria Haubrich (Allgemeine Sozialberatung im Caritasverband Trier) und Rosanna Rosenfeld (Psychologiestudentin und Praktikantin im CV Trier) beschreiben die Situation junger Menschen.
Welche Personengruppen waren/sind von den Corona-bedingten Einschränkungen, insbesondere dem Wegfall von Hilfeangeboten, besonders stark betroffen?
Das sind vor allem Studierende, Auszubildende und junge Menschen, die den Einstieg in das Erwachsenen- bzw. Berufsleben suchen
Welche Probleme haben diese Gruppen?
Viele Schulabgänger konnten keine Stelle finden, da es weniger Ausbildungsplätze gibt. Auch Praktika zu finden war schwierig. Dies führte zu Verzögerungen der Ausbildung.
Sehr problematisch sind die Pandemiefolgen auch für Studierende, die sich vielfach über Minijobs finanziert haben. Diese sind während der Pandemie weggefallen, da Jobs mit Homeoffice-Möglichkeit meist nicht auf weniger Qualifizierte oder Geringverdiener zugeschnitten sind. Für diese Minijobber gibt kein Kurzarbeitergeld oder finanzielle Hilfen. Durch das verringerte Einkommen entstanden bei vielen Rückstände bei Miete und sonstigen Rechnungen, was zu SCHUFA-Einträgen führte. Diese erschweren jetzt die Wohnungssuche und den Abschluss eines neuen Mietvertrags. Auch in anderen Bereichen gerieten Studierende in Notlagen, zum Beispiel, wenn digitale Medien für die Teilnahme am Online-Unterricht nicht finanzierbar waren. Viele mussten ihre Wohnungen aufgeben und wieder zu den Eltern ziehen. Die psychische Belastung durch diese Probleme und soziale Isolation führten vielfach zur Aufgabe des Studiums durch Entmutigung.
Für junge Migranten sind Sprachkurse entfallen, so dass sie Rückstände beim Erlernen der deutschen Sprache haben.
Generell stellen wir in den Beratungssituationen oder den begleitenden Angeboten fest, dass viele Jugendliche das Gefühl haben, in der Pandemie "hängen gelassen" zu werden und nicht im Blick der Politik zu sein.
Die Schuldnerberatung hat immer stärkeren Zulauf. Welche Unterstützungsangebote macht die Caritas hier?
Wir erarbeiten neue Angebote, um proaktiv auf junge Menschen zuzugehen, die sich aufgrund von Hemmungen nicht in die Beratung trauen bzw. möglicherweise gar keine Kenntnis davon haben. Wir beraten die jungen Leute online und im persönlichen Gespräch.
Die Onlineberatung ist über www.caritas.de/onlineberatung erreichbar.
Dreimal pro Woche bieten wir eine Telefonsprechstunde im Rahmen der Allgemeinen Sozialberatung an und unterstützen bei der Antragsstellung für Sozialleistungen.
Was müsste sich sozialpolitisch tun, um die Pandemie-Folgen für jungen Menschen abzumildern?
"Die neue Bundesregierung muss Armut junger Menschen stärker bekämpfen, gerade jetzt in und nach der Coronapandemie", fordert Caritas-Präsident Dr. Peter Neher.
Pressemitteilung des DCV zum Auftakt der Armutswochen 2021
In der Schuldnerberatung fordert die Caritas schon lange ein Recht auf Schuldnerberatung für alle, nicht nur für Sozialhilfeempfänger: Menschen, die verschuldet sind, müssen frühzeitig Unterstützung und Hilfe erfahren, um aus der Krise herauszufinden. Dazu sollte das Angebot flächendeckend sichergestellt werden.
Junge Menschen als besonders von der Pandemie betroffene Personengruppe sollten jetzt besonders in den Fokus genommen und bestehende Hilfsangebote (finanziell) unterstützt und gestärkt werden. Dazu könnten auch besondere finanzielle Erleichterungen/Teilhabe für junge Menschen mit geringem Verdienst, z.B. durch vergünstigte Fahrten im öffentlichen Nahverkehr oder Besuch öffentlicher Einrichtungen, gehören.