Arbeitstag mit 14 Stunden
Seine Sache, das ist die ehrenamtliche Tätigkeit bei der Schuldnerberatung. "Mit dieser Aufgabe habe ich meine Erfüllung gefunden", bestätigt der 62-Jährige im Gespräch eine Einschätzung seines Bruders. Was diese persönliche Erfüllung bedeuten kann, erfährt, wer Joachim Schäferbarthold in seinem Element erlebt.
Herzblut, motivierende, begeisternde Frische und die besondere Fähigkeit, Menschen öffnen und aufbauen zu können, das sind wesentliche Grundelemente der engagierten und erfolgreichen Arbeit des gebürtigen Franken im Team der Schuldnerberatung.
Das besteht aus dem Bereichsleiter für die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe, Harald Herres, sowie den beiden hauptamtlich tätigen Fachfrauen Dr. Anne Bereths-Weber und Beate Lippert, die sich seit Anfang der 90er Jahre mit hohem Beratungsbedarf konfrontiert sehen. "Wir haben mit Regulierungen von Schulden so viel zu tun, dass für die so dringend notwendige Präventionsarbeit sowie für Nachsorgemaßnahmen überhaupt keine Zeit ist", bedauern Bereths-Weber und Lippert.
Alleinstellungsmerkmal offene Sprechstunde
Beate Lippert (links) und Anne Bereths-Weber sind froh über den Einsatz von Joachim Schäferbarthold.Christine Cüppers
Einige Entlastung erfahren sie seit über fünf Jahren, seit nämlich Joachim Schäferbarthold als ehrenamtlicher Mitarbeiter zum Team stieß. "Da er sich bestens auskennt, konnte er schnell voll einsteigen", sagt Anne Bereths-Weber mit dankbarem Lächeln in Richtung des Angesprochenen. Was für den das Einsteigen bedeutet, macht ein Blick in seinen Wochenplan deutlich: Dienstags und mittwochs verbringt er jeweils den ganzen Tag in der Petrusstraße, die meiste Zeit in seinem eigenen, voll ausgestatteten Büro unterm Dach. Schon frühmorgens nimmt er am Teamgespräch teil und widmet sich dann der Bearbeitung von Fällen sowie dienstagnachmittags der offenen Sprechstunde. Diese ist Alleinstellungsmerkmal der Trierer Schuldnerberatung gegenüber den bundesweiten Einrichtungen. Ohne vorherige Terminvereinbarung können Menschen mit ihren Fragen, Sorgen und Nöten in die Beratungsstelle kommen.
"Allein gestern habe ich 14 Einzelgespräche von je rund einer Stunde geführt", belegt Schäferbarthold die Bedeutung des Angebots. Dabei werden zunächst die Lage des Ratsuchenden erfasst, eine kurze Beratung gegeben und vor allem Ziele vereinbart. Schuldner, die sich für die weitere Beratung und Hilfe der Caritasmitarbeiter entscheiden, füllen einen fünfseitigen Fragebogen aus, in dem sie unter anderem detailliert Auskunft geben über Forderungen von Gläubigern und zusammen mit dem Berater einen Haushaltsplan zur Überprüfung monatlicher Einnahmen und Ausgaben sowie "freier Finanzspitzen" erstellen.
"Spätestens dann", so bemerkt Joachim Schäferbarthold immer wieder, "fallen den Menschen die ersten dicken Steine von der Seele. Erleichterung und Aufatmen sind deutlich spürbar". Genau dieses positive Gefühl erfasse regelmäßig auch ihn. Er sei in großem Maße aus reinem Eigennutz tätig. Denn: "Dieser Einsatz bringt mir Struktur und Regelmäßigkeit, Lob und Anerkennung", sagt der Jurist, der als Geschäftsführer und Bereichsleiter eines großen Versicherungs-Unternehmens über Jahre auf höchsten Touren gearbeitet hat. Durch Krankheit zum Zurückschalten gezwungen, habe er sich für den Ausstieg aus dem beruflichen Hamsterrad entschieden. Das aber konnte für Joachim Schäferbarthold nicht Ruhe und Stillstand bedeuten.
Bis heute dankbar dafür, dass er studieren durfte
"Ich wollte etwas zurückgeben von dem Glück und den Möglichkeiten, die ich selber hatte", erzählt er mit Blick auf seinen Werdegang: Elfjährig verlor er seinen Vater, die Mutter musste die sieben Kinder alleine großziehen. Dass er studieren konnte, erfülle ihn noch heute mit großer Dankbarkeit. Nach Stationen in Limburg und Mainz landete Schäferbarthold der Liebe wegen an der Mosel, wo er sich sehr wohlfühle. Seine christlich-soziale Prägung habe ihn nach dem Ausscheiden aus dem Beruf bewogen, die eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse einzusetzen zugunsten von Menschen, die Hilfe brauchen. Und so landete der quirlige Anwalt vor fünf Jahren bei der Trierer Caritas.
"Nichts im Leben ist zufällig", lautet sein Leitspruch, den er auf seinem Lebensweg vielfach bestätigt sieht. Für die hauptamtlichen Mitarbeiter in der Schuldnerberatung ist Joachim Schäferbarthold ein Glücksfall. 30 bis 40 laufende Fälle haben Anne Bereths-Weber und Beate Lippert in der Regel zu bearbeiten. Da sei es eine große Hilfe, wenn ein engagierter Ehrenamtlicher mit- und zuarbeitet, der hohe Sachkenntnis mitbringt, sich weiterbildet und voller Elan und Begeisterung an die Sache geht.
Meist kommen die Menschen sehr schüchtern und ängstlich und in den seltensten Fällen alleine ins Büro von Schäferbarthold, wo sie ihre Probleme darstellen. "Arbeitslosigkeit, Trennung und Scheidung sowie Krankheit sind die wesentlichen Gründe, in eine Verschuldung zu geraten", erläutert der Fachmann. Zunehmend seien auch junge Menschen betroffen, die so gut wie keine Erfahrungen im Umgang mit Geld und Haushaltsführung haben. Der durchschnittliche Ratsuchende ist 40 Jahre alt ist.
"Die Zahlen der Menschen in Altersarmut und der sehr jungen Verschuldeten nehmen jedoch deutlich zu", beobachtet Joachim Schäferbarthold, der vor allem Fälle aus der Stadt Trier bearbeitet. Dass durch die Arbeit der Schuldnerberater zwischen 2002 und 2012 Entschuldungen in Gesamthöhe von 226 Millionen Euro vorgenommen werden konnten, das macht die Caritas-Mitarbeiter stolz.
Der ehrenamtliche Hauptamtliche
"Und wenn wieder einmal jemand im außergerichtlichen Verfahren und bei maximal sechs Jahren seine Schulden loswerden konnte, motiviert das ganz besonders", schildert Schäferbarthold, der aufgrund seines Engagements schon liebevoll als "der ehrenamtliche Hauptamtliche" bezeichnet wurde.
Bei aller Einsatzfreude aber will er es beim Ehrenamt belassen. Denn für die Familie und seine Hobbys wandern, radeln und "zwischendurch mal golfen mit dem ältesten Sohn" will der bekennende FC Kaiserslautern-Fan schließlich auch Zeit haben - neben der Schuldnerberatung versteht sich.