Von tanzenden Bären und offenen Ohren
Claudia Dörfler kennt ihn auch, den Bären. Und Ariane Liane Drüen weiß mindestens so gut Bescheid über "das Tier" wie die beiden Kolleginnen. Die drei Frauen sind Schulsozialarbeiterinnen - und der Bär, das ist ihr "ganz normaler Alltag".
Claudia Dörfler (links) und Anna Salaou nutzen die kurzen Wege zwischen den Trierer Schulen St. Maximin und St. Josef und tauschen sich öfter über ihre Erfahrungen aus.Christine Cüppers
Seit den 90er Jahren gibt es das Berufsbild des Schulsozialarbeiters in Rheinland-Pfalz. Eingeführt zunächst an den Hauptschulen, ging es vor allem darum, die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Einrichtungen der Jugendhilfe zu koordinieren und Netzwerke zu knüpfen. "Es ist ein Glücksfall, dass die Schulsozialarbeit für das Bistum Trier als Qualitätsmerkmal gesehen wird", betont Claudia Dörfler mit Blick auf die seit 2008 zunächst als Einzelprojekt gestartete, dann aber flächendeckend installierte Einrichtung von Schulsozialarbeitern in den Haupt- und Realschulen in Bistums-Trägerschaft. Inzwischen gibt es die Stellen außer an Gymnasien in nahezu allen Schulen auch der anderen Träger.
Anna Salaou hat ihr Dienstzimmer in der Bischöflichen Förderschule St. Josef in Trier. "Zwei Ecken" weiter arbeitet Claudia Dörfler an der Privatschule St. Maximin, ebenfalls in Trägerschaft des Bistums. Die staatliche Otto-Hahn-Realschule plus Bitburg ist Arbeitsplatz für Ariane Liane Drüen. Angestellt sind die drei Sozialarbeiterinnen bei der Caritas, bei den Verbänden in Trier beziehungsweise Westeifel.
Extern und trotzdem mittendrin
"Wir sitzen zwar in den Schulen, sind aber Externe", beschreibt Claudia Dörfler Vor- und Nachteil bei der Stellenstruktur. Einerseits wirkt sich die Arbeit der Sozialarbeiterinnen nicht auf Noten und Beurteilungen der Schüler aus. Andererseits machen alle drei Frauen die Erfahrung, dass sie immer wieder mal nicht richtig eingebunden sind in die Schularbeit, dass der Austausch von Informationen über einzelne Kinder besser laufen und die Sozialarbeiter öfter noch intensiver angehört werden könnten. Trotzdem haben vor allem die Lehrer längst die Vorzüge der Stellen erkannt, die vielfache Erleichterung im Schulalltag bringen und wichtige Schnittstellen im Miteinander von Schülern, Lehrern, Eltern und Ämtern sind.
Im Laufe der Jahre hat sich die Schulsozialarbeit an den Schulen etabliert. Denn gerade wenn "der Bär tanzt", sind es - in den meisten Fällen - Frauen wie Ariane Liane Drüen, Claudia Dörfler und Anna Salaou, die für Deeskalation, Ruhe und vielfach auch weitergehende notwendige Hilfe sorgen. Die Aufgaben der Schulsozialarbeiterinnen sind nämlich so vielfältig wie die Kinder und Jugendlichen, mit denen sie zu tun haben.
Immer als Ansprechpartner präsent
Ariane Liane Drüen arbeitet an der Otto-Hahn-Realschule plus in Bitburg. „Ich hab´ die Ruhe weg!“ auf dem Bärchen in ihrer Zimmerpalme – ein Leitsatz für die Schulsozialarbeiterin.Christine Cüppers
"Grob gliedert sich unsere Tätigkeit in die Arbeit mit den Klassen und die Einzelfallarbeit", fasst Ariane Liane Drüen zusammen. Sind ihre Kolleginnen in St. Josef für 76 Schüler und in St. Maximin für 430 Schüler zuständig, bemüht sich Drüen zusammen mit ihrer Kollegin Sarah Birkel (Ökumenischer Erziehungshilfe-Verbund), insgesamt 1023 Schüler im Blick zu haben. "Die brauchen uns natürlich nicht alle", betont die Sozialarbeiterin. Grundsätzlich aber gehe es darum, in allen Klassen und bei allen Schülern als Ansprechpartner präsent zu sein.
Das Aufgabenspektrum ist in allen Schularten nahezu gleich. Das reicht von kleinen Streitereien in den Pausen, die es zu schlichten gilt, über Gesprächsbedarf bei Schulängsten, Mobbing oder Lernschwierigkeiten bis hin zu handfesten Problemen, oftmals bis in die Familien hinein. "Womit wir an den Privatschulen sicher weniger zu tun haben, sind die klassischen Schulschwänzer. Und auch die offene Aggression ist bei uns wesentlich geringer als an staatlichen Schulen", stimmen Dörfler und Salaou überein. Ansonsten aber liegen die Einsätze der drei "guten Geister" nah beieinander, können sie von ganz ähnlichen Erfahrungen und Erlebnissen im Schulalltag berichten.
Die Schüler schätzen die offenen Türen
Fragt man Schülerinnen und Schüler, so schwärmen die in höchsten Tönen von ihren Sozialarbeiterinnen. "Die hört immer zu." "Immer ist die Tür offen und man kann mit ihr reden. Oder man bekommt einen Termin, wenn es mal ein größeres Problem gibt." "Sie hat gute Tipps etwa bei Streitereien und hilft, wenn man Angst vor der Schule hat." So und ähnlich klingen die Antworten, denn die Kinder und Jugendlichen wissen sehr genau, dass sie Claudia Dörfler, Ariane Liane Drüen und Anna Salaou voll und ganz vertrauen können. Dass die Sozialarbeiterinnen keine Leistungen bewerten und benoten müssen, macht sie bei den Schülern natürlich noch beliebter.
Jetzt, so kurz nach den Sommerferien, stellen sich die Frauen auch bei den Schulneulingen vor, machen die neuen Klassen eher spielerisch bekannt mit den Aufgaben und Möglichkeiten der Schulsozialarbeit. "Es ist immer schön zu sehen, wie schnell die Kleinen Vertrauen fassen und uns alles erzählen, was sie so bewegt", erzählen die Frauen schmunzelnd. Gerade in diesen ersten Tagen gelte es aber auch schon, offene Augen zu haben und mögliche Schwierigkeiten frühzeitig zu erkennen. Die "tanzenden Bären" müssen nämlich nicht sein und gehören an den Schulen dank engagierter Sozialarbeiter auch eher zu den Ausnahmeerscheinungen.